Stalker 2: Die Odyssee einer Spieleentwicklung

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In der stets wandelbaren Welt der Videospieleentwicklung gibt es wohl kaum eine so verworrene und turbulente Geschichte wie die von „Stalker 2“. Von der ersten Ankündigung im Jahr 2010 bis hin zum jetzigen geplanten Erscheinungsdatum im Jahr 2024, war die Reise dieses Spiels geradezu außergewöhnlich.

Ein langer und verschlungener Pfad

Die Entwicklungschronik von Stalker 2 ist eine Saga für sich. Das Spiel wurde 2010 erstmals öffentlich vorgestellt, mit einem ambitionierten Plan für eine Veröffentlichung im Jahr 2012. Doch das Schicksal wollte es anders, und das Projekt wurde auf Eis gelegt, als das ukrainische Studio, das für die Schöpfung verantwortlich war, GSC Game World, aufgelöst wurde. Die Wiedergeburt des Studios im Jahr 2014 führte zur Entwicklung von „Cossacks 3“, doch erst 2018 ließ man die Bombe platzen: „Stalker 2“ war wieder in Arbeit, obwohl zu dieser Zeit noch kein Publishing-Deal vorlag. Die Fans jubelten über die Nachricht, doch es war klar, dass dieses Spiel zahlreiche Hindernisse zu überwinden hätte. Endlich, während der Xbox-Pressekonferenz auf der E3 2021, wurde „Stalker 2“ offiziell vorgestellt und war für den 28. April 2022 angesetzt. Doch leider hielt sich die Geschichte nicht an das Drehbuch. Im Januar 2022 verkündete GSC Game World eine Verzögerung und schob die Veröffentlichung auf den 8. Dezember 2022. Das Studio begründete dies mit der Notwendigkeit von sieben weiteren Monaten Entwicklungszeit, um ihre Vision umzusetzen. Nur 43 Tage später sah die Welt entsetzt zu, wie Russland eine großangelegte Invasion in der Ukraine startete, den größten Angriff auf ein europäisches Land seit dem Zweiten Weltkrieg. Mit der eskalierenden Krise verlagerte GSC Game World den Fokus von der Spieleentwicklung auf die Unterstützung seiner Mitarbeiter und deren Familien in dieser unruhigen Zeit. Als der Konflikt sich weiter entfaltete, richtete das Studio ein neues Büro in der Tschechischen Republik ein, was einigen Mitarbeitern die Fortsetzung der Arbeit am Spiel ermöglichte. Andere, wie der leitende KI-Entwickler Dmytro Iassenev, Community-Manager Oleksii Ivanov und Narrative-Designer Maksym Hnatkov, wählten, in der Ukraine zu bleiben und sich dort entweder freiwillig zu engagieren oder den bewaffneten Streitkräften des Landes beizutreten.

Widerstandsfähigkeit im Angesicht der Widrigkeiten

Einige Monate nach Beginn der russischen Invasion verkündete GSC Game World, dass die Entwicklung wieder aufgenommen wurde. Doch es war bereits offensichtlich, dass das Veröffentlichungsdatum im Dezember 2022 nicht mehr haltbar war. Das Spiel erfuhr eine weitere Verzögerung, diesmal bis 2023. Dann, im August 2023, zerstörte ein neuer Trailer alle Hoffnungen erneut, indem er das Erscheinungsdatum auf das erste Quartal 2024 verschob. Mit dieser neuesten Verzögerung teilt „Stalker 2“ nun die unglückliche Besonderheit mit „Duke Nukem Forever“ – eine ausgedehnte Ankündigungs- bis Veröffentlichungsphase, die Fans jahrelang im Unklaren ließ. Dennoch deuten alle Zeichen darauf hin, dass „Stalker 2“ letztendlich besser abschneiden wird als Dukes desaströser Ausflug.

Ein visueller Triumph und eine Geschichte der Widerstandsfähigkeit

Trotz der endlosen Herausforderungen zeigt „Stalker 2“ weiterhin sein Potenzial. Der neueste Story-Trailer, der Anfang Dezember veröffentlicht wurde, demonstriert die Leistungsfähigkeit der Unreal Engine 5. Die Charaktermodelle sind atemberaubend detailliert, und ausdrucksstarke Gesichter verleihen den Figuren Tiefe. Die Umgebungen sind reich gestaltet und die Beleuchtung ist schlichtweg hervorragend. Es sind jedoch nicht nur die visuellen Aspekte, die Eindruck machen werden. Der Durchhaltewille des Entwicklungsteams angesichts persönlicher und nationaler Unruhen verleiht der Erzählung des Spiels eine zusätzliche Bedeutungsschicht. An einem Kriegsschauplatz angesiedelt, trägt „Stalker 2“ nun eine noch gravierendere Thematik, wie die Szenen im neuesten Trailer unterstreichen, der stolz mit einem „Made in Ukraine“-Schriftzug beginnt. Die Darstellung von Schlachtfeldszenen und Geschichten gefallener Soldaten hallt tief nach im aktuellen Kontext.

Der unsichere Weg in die Zukunft

Auch wenn das Spiel vielversprechend erscheint, ist GSC Game World nicht ohne Fehltritte. Die Kontroverse um Pläne, NFTs ins Spiel einzubinden – die es Spielenden ermöglichen würden, als ‚Metamenschen‘ aufzutreten und als NPCs in Erscheinung zu treten – führte nach einem Rückschlag von den Spielenden zu einem sofortigen Rückzug dieser Pläne. Es war ein vorübergehender Stolperstein für das Studio, eine Erinnerung daran, dass auch gegen alle Widerstände Erfolg nie garantiert ist, bevor der Abspann läuft. Wenn wir auf das geplante Erscheinungsfenster im ersten Quartal 2024 blicken, können wir nur hoffen, dass dies das letzte Kapitel in der dramatischen Reise von „Stalker 2“ ist. Sowohl für die Spieler, die sehnlichst auf dessen Ankunft warten, als auch für das Studio, das die anhaltenden Unruhen jenseits ihrer Monitore erlebt, wäre eine reibungslose Veröffentlichung ein willkommener Abschluss einer Geschichte voller Herausforderungen und Widerstandsfähigkeit.

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